Skip to main content

AKTUELL

Untertägige Raumplanung in der Schweiz - 5 Handlungsfelder die sich aus dem CHGeol-Symposium zur Schweizerischen Tiefenplanung ableiten lassen

Die Strukturendichte im Untergrund nimmt infolge der regen Bautätigkeit nicht nur in der Schweiz sondern auch im europäischen Umland rasch zu und wird längerfristig zum raumplanerischen Damoklesschwert. Ein täglich mit der Materie konfrontierter Teilnehmer weist im Nachgang zum Symposium auf dem Gurten vom 3. Oktober 2018 auf fünf zentrale Handlungsfelder hin.

1.
Die grössten Herausforderungen liegen bekanntlich nicht im Bau des Einzelobjektes, sondern (und gerade im städtischen Kontext) in der technischen und sozioökonomischen Anknüpfung an bestehende und zukünftige Strukturen bzw. Bedürfnisse. Untertägige Strukturen sind bereits heute raumgreifender als gedacht. Ruft man sich zum Beispiel in Erinnerung, dass die gerade boomenden Erdwärmesonden nicht nur klassische Linien- sondern aufgrund seitlicher Ablenkung eigentliche Raumstrukturen darstellen, wird klar, wie vollgepackt der Untergrund bereits heute ist. Allein die in den Jahren 2007 - 2017 gemäss Fachvereinigung Erdwärmesonden Schweiz (FWS) verbauten, gut 25 Mio. Laufmeter Erdwärmesonden mit einer geschätzten durchschnittlichen Länge von 180 m haben einen untertägigen Raumbedarf von über 6 Kubikkilometer. Die künftige 10-Millionen-Plus-Schweiz benötigt demzufolge dringend bedarfsgerechte Instrumente und Leitlinien für die zukünftige untertägige Raumplanung. Hier sind das Bundesamt für Raumentwicklung und das Bundesamt für EnergieBundesamt für Energie besonders gefordert.

2.
Ohne koordinierte untertägige Raumplanung ist längerfristig mit steigenden Opportunitätskosten im Kontext zukünftiger Bauprojekte zu rechnen. Verzichtet man heute darauf, den Untergrund geordnet und koordiniert zu bebauen, ist zukünftig mit hohen Kosten zu rechnen, weil beispielsweise im Weg stehende Bauten umgelegt und neue Einbauten technisch anspruchsvoller als normal sind oder existierende Gewerke sogar vor Ablauf ihrer Abschreibung stillgelegt werden müssen. Die Niederlanden stellen die im Zuge der Kohlenwasserstoffexploration der letzten Jahrzehnte gewonnenen Informationen der Öffentlichkeit in Form einer leistungsfähigen Datenbasis zur Verfügung. Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund schwieriger (und damit kostenintensiver) Umplanungen aufgrund fehlender Datengrundlagen.

3.
Auch im geologischen Untergrund sind Nutzungen technisch oder rechtlich nicht beliebig stapel- oder realisierbar. Das Eruieren brachliegender Nutzungspotenziale im Untergrund, bzw. der Ausschluss konkreter Nutzungen bedingt das Vorhandensein leistungsfähiger Planungswerkzeuge. Mit dem von der Swisstopo in Kollaboration mit Partnern entwickelten und publizierten Projekt GeoMol liegt erstmals ein geologischer 3D-Atlas des Schweizer Molassebeckens vor, welcher als grundlegende Planungshilfe für grosse Infrastruktur- und Explorationsprojekte wie z.B. dem Projekt Geothermie 2020 oder dem Projekt Cargo Sousterrain im dichtbesiedelten Schweizer Mittelland dienen kann.

4.
Isolierte Betrachtungen des untertägigen Raums auf Projektebene dürften es je länger desto schwerer haben. Dies wird am Beispiel der geothermischen Entwicklung des erweiterten Stadtgebietes Genf im Rahmen von Geothermie 2020 unter Leitung der Services Industriels de Genève und des Kantons Genf ersichtlich. Das Projekt verfolgt explizit einen multidisziplinären Ansatz und hat zum Ziel, die untertägigen Ressourcen des Kantons Genf möglichst zweckmässig mit der obertägigen Stadt- und Agglomerationsentwicklung zu kombinieren. Für die aktuelle Raumplanungs- und Explorationstätigkeit bedeutet dies, dass man punktuell auch Dinge wagen muss, von denen heute noch nicht bekannt ist, ob sie morgen "am richtigen Ort" sein werden.

5.
Beim Thema untertägige Raumplanung wird den Kantonen nolens volens eine Schlüsselrolle zukommen. Nicht nur obliegt ihnen die Hoheit über den öffentlichen Raum im Untergrund, sie sind auch Adressat für die von privater Seite zur Verfügung gestellten Geodaten. Demnach kommt ihnen einmal mehr die Scharnierfunktion zwischen Bund und Gemeinde, bzw. privaten Investor zu. Noch scheinen sich aber nicht alle Kantone der Brisanz und Tragweite des Themas vollauf bewusst zu sein.
Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.